8 - Queensland Ende

Queenland's Ende
von Sophie Reyer
Ein Theaterpoem mit imaginären "Bühnenbildern" von Harald Häuser
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Die Queen beugt sich seufzend vornüber und krault Dogge. Kleinchen und Lilliput klopfen. Sie werden nicht gehört. Öffnen neugierig die Türe. Dogge leckt die Queen zwischen den Beinen. Es sieht aus Lilliputs und Kleinchens Position so aus, als würden die beiden sexuell miteinander verkehren. Kleinchen schließt die Türe wieder.


Kleinchen: O.
Aber.

Lilliput: Noch nicht bemerkt, dass sie auf Tiere steht?
Die Queen?

Kleinchen: Ich glaubs nicht.

Lilliput: Dann trau deinen Augen.

Pocht nochmal.

Queen: Herein!
Ach Kleinchen.
Und der Zwerg.

Lilliput: He!

Queen: Möge der Zwerg verschwinden.
Die Queen hat mit Kleinchen allein zu reden.

Lilliput: Aber ja.

Dogge: Kläff wurr und fauch.

Queen: Ja, lauf du auch noch bisschen raus.

Dogge: Wauja, meine Queen.
Auja.

Als die beiden die Tür geschlossen haben.

Dogge: Und?
Die Show gerockt?
Lilliput: Sowas von.

Dogge: Ich sags ja.
Ich inszenier eine kleine Leckliebeszene.
Ihr platzt dazu.
Schon sind alle verzweifelt.
Wie geil.
Wir treiben den Dorn zwischen die.
Oder Keil oder was.
Hab ich Recht.

Lilliput: Au ja, Wauzi.
Darf ich dich kraulen?

Giggelnd gehen die beiden zur Seite.

Dogge: Bleiben wir da hinten.
Beobachten die Szenerie.
Wenn die Queen verrückt wird, bist du dran.

Lilliput: Deal.

Hinter der Türe, im Zimmer der Queen. Lilliput und Dogge gucken durch das Schlüsselloch, Kleinchen und die Queen schweigen einander eine Weile an.

Kleinchen: Alles gut?

Queen: Nein. Bin traurig.

Kleinchen: Ich hätte gern, dass du einmal bei mir zusammen brichst.
Weißt du, was mich nervt?
Du tust immer so, als hättest du alles unter Kontrolle.
Das nervt.

Queen: Stimmt nicht.

Kleinchen: Man merkt mir nicht an, dass ich einmal ein Mathematikgenie war, oder?

Queen: Doch, klar.

Kleinchen: Ich wirke so, als wäre ich ein Waschlappen.

Queen: Blödsinn.

Kleinchen: Magst du lieber Mathematik oder Nachhaltigkeitsblasen?

Queen: Ich persönlich zieh die Mathematik vor.
Sie ist logisch.
Man kann sie begreifen.
Eine Gleichung löst man einmal.
Dann ist sie gelöst.
Aber im Leben.
Da fällt man immer wieder hin.
Die Gefühle, die löst man nicht einmal.
Nicht einfach so.
Ich finde das ziemlich unnötig.

Kleinchen: Aber bei jedem Hinfallen ist es auch leichter, wieder auf zu stehen.
Man weiß dann, wie es geht.

Queen: Aber trotzdem, leichter wird es nicht.

Kleinchen: Vielleicht nicht gleich.

Queen: Und wenn ich nach diesem Mal hinfallen liegen bliebe?
Wenn ich endlich liegen bliebe?
Bliebst du dann hier, Kleinchen?

Stille.

Ich bin so müde.
Was will diese Schwerkraft von mir.

Kleinchen: Du hast Angst.

Queen: Ja.

Kleinchen: Aber Die Liebe ist eine Gabe, keine Schwäche.

Queen: Sie macht einen kaputt.

Kleinchen: Verflatter gern mein Dasein so in dir.
Wennst denn magst.
Ehrlich.

Queen: Eine Kitschwelt hätt ich jetzt gern.
Die Welt ist ein Amusementpark wenn man wen lieb hat.
Sollen alle glücklich sein, Kleinchen,
Tät nur die Brustmuschel nicht so arg weh.
Ehrlich.
Königlicher ist wems gut geht.
Wer fun hat.
Königlicher als der der leidet.
Meinst nicht.
Bin so unruhig grad.
Ich glaub ich brauch Musik.
Tekkno oder.
Tanzen wir?

Sie macht Musik. Queen nimmt ein paar alte Schwerter von der Wand.

Queen: Mein Erbe.
Mama Amazona hat mir schon in der Gebärmutter beigebracht, mit denen zu Kämfepn.
Meine Schlachtschwerter.
Geil, oder?

Kleinchen: Äh.

Sie beginnt, zu fechten. Dabei tut sie Kleinchen bewusst weh.

O du Armer!
Hab dich verletzt?

Kleinchen: Nur bissi am Arm geritzt.
Don´t worry.

Queen: Hast Angst vor mir.

Kleinchen: Wie Blumen vorm Licht vielleicht.
Ehrlich.

Queen: Also nicht.
Dein gewitterdunkles Gesichtchen leuchtet.

Kleinchen: Hast mich ordentlich durchkeilt im Kampf.

Queen: Die Marspriesterin hats mir beigebracht.
Egal, muss los.

Kleinchen: Bleib da.
Weißt, du bist fein.
Kannst weich und warm sein,
Was bringt denn das ringen?
So Furiengeplänkel?
Du könntest einfach deine Zartheit zeigen.
Die ist ganz eigen.
Ehrlich.
Brauchst keinen Kampf dafür.
Wozu die Granatenfelder.
Die blutigen Körper der Zivilisten.
Wenn du nach innen gingst-

Queen: Ein jeder geht.
Ich stell meine Spiegel auf.
Bin nirgends sicher.
Waffen in Betten.
Unter die Matratzen gekeilt.
Wer bei dir schläft kann dich angreifen.
Nachts sind alle gleich wehrlos.
Ich stell mir die Spiegel auf.
Schneid deine Brust weg hat Marsgöttin gesagt.

Kleinchen: Und die Babies?

Queen: In- Vitro.

Kleinchen: Hat aber doch keinen Reiz oder?

Queen: Ich weiß nicht.
Wir pumpen Sperma aus Männern.
Wenn das Schneegewand zerhaucht ist, quasi.
Im Frühling schon.
Hat ja mehr Poesie.
Die Reagensgläser schimmern im Sonnenlicht.
Die Schar der Krankenschwestern flüstert zart.
Entnimmt die Samenspenden.

Kleinchen: Und ich muss das jetzt auch tun?
Oder wie?

Queen: Komisch.
Wie sich da was ins Herz brennt.
Rot wie Flamme.
Ist sein Blick.
Dabei sieht der doch hohl aus.
Ich verstehs kaum.
Oder.

Sie nimmt ein Schwert und will Kleinchen erneut verletzen.

Kleinchen: Krass ist die.
Fällt wie ein Blitz als Düsenjets ins Kampffeld ein.
Schneidet, zerreißt.

Liliput hat alles aus dem Hinterhalt mit Dogge beobachtet. Kommt und greift sie an. Sie kämpfen. Liliput gewinnt. Queen schämt sich. Kleinchen ist zu feig um zu handeln.

Lilliuput: Gefangen:

Queen: Mich?

Kleinchen: Wir könnten ein kleines Baby machen.
Den neuen Gott der Erde maybe.

Queen: Nie.

Kleinchen: Lass sie gehen, Lili.

Lilliput: Er hat dich aber besiegt.

Kleinchen: Es geht doch nicht ums gewinnen.
Wir können sicher gemeinsam-

Queen: Nein.
Kleinchen: Du bist immer noch MEINE Untergebene, klar?
Also ab!
Wir gehen.

Queen: Muss sagen: das mit dem Kampf.
Das klingt mir eigentlich recht fein, Kleinchen.
Bin dabei.

Kleinchen: Was?

Lilliput: Yippi yeah.

Queen: Morgen früh mit Laser, Gammastrahlen und Biochemie!
Deal!

Kleinchen: Aber.

Queen: Dulde keine Widerrede.
Dogge.
Bring die Gäste nach draußen.

Dogge: Deal.

Sie gehen ab.

Queen: Ich war hell und leicht.
Wie Sternrest
Gestern.
Als es dich gab
Als ich dachte, es gab dich.
Kleinchen.
Ich schrieb die Lieben in den Wind.
Die trug das Licht.
Es schrieb in den Sand: wir.
Gestern.

Pause.

Ich zählte die Sterne, die Unsterne, die Seesterne.
Es rief ein Meer nach mir.
Kam von Innen.
Gestern.
Bis ich darin Salz wurde.
Grenzenlos.

Pause. Sie nimmt die Cybermelone ab.

Jetzt aber:
Fort du.
Ich gefallen
Das Licht ging wieder an:
Die Lieben gezählt.
Gesichter verloren.

Sie nimmt die Perücke ab. Ein kahler Schädel kommt zum Vorschein.

Nie neugeboren.
Unstern.
Nur mehr: gestern.

9. Szene

Vor dem Zimmer der Queen.

Lilliput: Hab Kleinchen hingelegt.

Dogge: Gut gerockt.

Lilliput: Stolz auf uns.

Dogge: Auja.

Remote- control tritt auf.

Remote- control: Erzählt mehr!

Dogge: Frag doch die Queen.
Wir gehen jetzt Gassi.
Pissi.
Wau und knirsch.
Stimmt´s Tittiput?

Lilliput: Ich heiß Lilliput!

Dogge: Put, put!

Gehen giggelnd ab.

Remote- control: Was gibt’s da zu giggeln?

Geht ins Zimmer und sieht die blasse Queen.

Du röchelst.
Flattert dir das Haar vom Scheitel runter.
Ist nicht sexy, ehrlich.
Nimm mal deinen Hut ab.
Liebe macht unattraktiv und verwundbar.
Ist es nicht wert.

Zu sich selbst.

Dämliche Dogge aber auch.
Bescheuerte Zwergenfrau.

Queen: Bin erschöpft bis in den Tod hinein.
Wie kann das sein?
Den unterscheidet nichts von der Scheiße, zu der er zurück kehrt irgendwann.
Und doch: soll er mich heimnehmen.
Mit sich schleifen.
Mit mir seine Oköstreifen düngen.
Dass die Hunde mich zerfleischen.
Die Vögel mich fressen.
Egal, egal.
Erde werden.
Mann, bin ich matt.
Schmerzen, Schmerzen-

Remote will gehen.

Queen: Bleib.

Remote- control: Im Tod noch deine: Remote- control.
Weißt doch.
Ehrlich.
Was steht an?

Queen: Ich zieh in den Kampf.
Gegen Kleinchen.
Der hat mich betrogen.
Liebt die Gnomin.
Sag´s keinem.
Ich habe geweint.

Remote- control: Never!
Was nun?

Queen: Finsternis als Zelt wär cool.
Kann man das computeranimieren?
Ich will sterben, ehrlich.

Remote- control nickt und tippt etwas in ihr I- Phone hinein.

Remote- control: Finsternis als Zelt, Deal.
Die Wissenschafter arbeiten daran.
Und sonst?

Queen: Werd den zerdreschen!
Ich will Schnittereien!
Lecken sollen die Zivilisten uns die Asche der letzten verbrannten Bäume von den Füssen.
Fusstaub werden, zerbröseln.
Ehrlich.
Wir fallen als Donnerkeile herunter auf ihre Hirne.
Es regnet uns: Skyborgs, Hybridwesen, geklonte Embryonen.
Präparatoren, Diktatoren.

Remote- control: So gefällst mir, Queen.
Mein Stein!
Mein gefühlloses Da sein!
Mänade die durch die Lüfte pufft.
Ihre Ausgase verpuffert.
Und alle Doggen heulen.
Und Blut trieft.
Ehrlich.
Jag ihm den Pfeil durch den Hals, den Laserstrahl, Queen!
Rock the show.
Ja, geil.
Rein den Zahn. Zerreiß ihn. Iss ihn auf.

Queen: Ja.
Geh jetzt.
Ich richt mich zum Kampf.

Remote- control: Zu Befehl, meine Einzige.
Bis später.

Queen, vor dem Spiegel, singend: Stell deine Spiegel auf.
Bist nirgends sicher.
Augen aus Pappe.
Haut aus Papier.

Zieht eine messerscharfe Glasrüstung an.

Menschen sind Tiere.
Sei nie verwundbar.
Häng dir die Tarnkappe.
Übers Gesicht.

Setzt die weißhaarige Perücke auf.

Unsichtbar bist du dann.
Zieh deine Rüstung an.
/Panzer aus Gold/.

Setzt die Cybermelone auf, von der jetzt goldene Laserstrahlen ausgehen.

Ritterkind Schildkröte.
Fahr deine Glieder aus.
Haut aus Papier.

Nimmt Schwert 1 in die Hand.

Stell deine Spiegel auf.
An deren Blick vorbei.
Weißt, du bist durchsichtig.
Menschen sind Kerben.

Legt es zurück. Nimmt Schwert 2 in die Hand.

Menschen sind Keile.
Reiben das Herzchen auf.
Ritzen den Blutkreislauf.
bist nirgends sicher.

Hängt beide Schwerter wieder auf. Greift nach einer weißen Pumpgun, die auch an der Waand hängt.

Splitterkind Schieferchen:
stell deine Spiegel auf.

Betrachtet sich im Spiegel. Licht aus.

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