11 - Queensland Ende

Queenland's Ende
von Sophie Reyer
Ein Theaterpoem mit imaginären "Bühnenbildern" von Harald Häuser
Direkt zum Seiteninhalt
12. Szene

Remote control im Spiegelsaal. Sie drückt auf einen Knopf. Ein riesiger Breitbandfernseher erscheint, während ein Spiegel sich zur Seite schiebt. Remote- control drückt auf die Fernbedienung. Man sieht eine Landschaft, über der eine Atombombe abgefeuert wird. Remote- control beobachtet die Reaktion über einen Bildschirm. Dann beginnt sie, die Spiegel der Queen zu putzen.


Remote- control: Stell deine Spiegel auf.
Bist nirgends sicher.
Augen aus Pappe.
Haut aus Papier.

Sie geht zum zweiten Spiegel.

Menschen sind Tiere.
Sei nie verwundbar.
Häng dir die Tarnkappe.
Übers Gesicht.

Sie betrachtet sich.

Unsichtbar bist du dann.
Zieh deine Rüstung an.
/Panzer aus Gold/.

Sie öffnet einen Schrank und holt eine weitere Cybermelone heraus. Setzt sie auf.

Ritterkind Schildkröte.
Fahr deine Glieder aus.
Haut aus Papier.

Remote- control holt eine gläserne Rüstung aus dem Spiegelschrank und zieht auch diese an.

Stell deine Spiegel auf.
An deren Blick vorbei.
Weißt, du bist durchsichtig.
Menschen sind Kerben.

Sie betrachtet sich, bewegt sich. Das Licht bricht sich in allen Farben.

Menschen sind Keile.
Reiben das Herzchen auf.
Ritzen den Blutkreislauf.
bist nirgends sicher.
Splitterkind Schieferchen:
stell deine Spiegel auf.

Sie hält inne, betrachtet das rotglühende Bild auf dem Fernsehschirm.

Ja, meine Queen.
In eine Zeit hinein gestreut, die leuchtet....

Epilog

Remote- control: Es ist eine Biomacht an der Macht.
Die Welt ist jetzt eine Stadt.
Ist eine Stadt, die stumm ist.
Es sind weiße Lappen vor den Mündern.
Es ist eine Milchhaut.
Es sind Pilze, die sie gezwungen werden zu essen.
Es ist ein verseuchtes Land.
Es sind abgebundene Lippen.
Sind Lippen in Laken, in Leinen.
Es sind Kinderlippen in Leichentüchern.
Es sind blutende Nasen von letzten Schülern, Bauchweh im Unterricht, der zwischen verrotteten Trümmern stattfindet.
Es ist eine Lüge.
Es wird totgeschwiegen.
Es sind verfallene Wolkenkratzer.
Es ist eine Glücksinsel, sagt man.
Es ist ein Mann, der auf einem Fahrrad umher fährt, seine Frau zu suchen.
Es ist ein Kaninchen, ohne Ohren geboren.
Es ist Strahlen, Erbrochenes, ausgestorbene Straßentrümmer.
Es sind Gesichter von Menschen, Lappen vorm Mund, die Schlitze der Augen: Schauen, schauen.
Es sind Großstadtgerippe.
Es sind keine Worte darüber.
Es ist ein weißes Tuch im Gesicht.
Es sind verbundene Lippen.
Es sind keine Schlagzeilen mehr.
Es gibt keine Sprache dagegen.
Es wird totgeschwiegen.


Zurück zum Seiteninhalt