7 - Queensland Ende

Queenland's Ende
von Sophie Reyer
Ein Theaterpoem mit imaginären "Bühnenbildern" von Harald Häuser
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7. Szene

Am Morgen. Das Fenster ist offen, sodass das Licht sich in all den Spiegeln bricht. Die Queen betrachtet den in ihren Armen schlafenden Kleinchen.


Queen: Sie nannte ihn Gnade.
Als fernab von der Zeit es nicht vernarbte blieb er.
Als Hand: haltend.

Kurze Stille.

Kleinchen.
Kleinchen.
Leicht warst.
Als Sprühregen kamst.
Wie man die Kinder zur Nacht streichelt.
Und die Gedanken in Liebe.
Du sitzt jetzt in mir.
Dort zwischen den Scherenaugen,
wo gebogen und fremd der schauende, unverwundete Schneeball hockt.
Und sagt:
Horch!

Kleichen wacht auf.

Kleinchen: Umarmung des Himmels.
Ungefragt und auch zopfig
Hast mich hergesaugt mit deinen Bildern im Kopf.
Ich lächel mich in dich hinein.
Sei mein Atemmoment.

Queen: Es ist schön mit dir.
Ich merke, dass ich heile.

Kleinchen: Woran man das sieht?

Queen: Ich kann den Leuten in die Augen sehen.
Mit meinen Scherenaugen.
Ich spüre mein Herz wieder.
Gut, ist nicht angenehm.
Gut, ich gebe zu, da ist ein Riss.
Aber seltsamer Weise ist sie zu ertragen.
Wie das meiste.
Man erträgt es eben.
Hinfallen und aufstehen.
Weinen und lachen.
Einatmen und ausatmen.
Wenn man stockt ist das Zurückhalten eines Rüttelns am Herzen.
Dessen Reißverschluss dennoch aufgeht.
Irgendwann.
That´s all.
Hinfallen und aufstehen.  
So ist das Leben.

Kurze Pause.

Manchmal erschreckt mich, wie zerbrechlich wir sind.

Kleinchen: Dass es wieder weh tun würde.
Denn am Ende tut es weh, stimmt´s?
Es kann nur der Tod sein am Ende, oder?
Ist die Trennung lang davor das geringere Übel?
Ich wollte erst gar nicht versuchen, dich zu wollen.
Ich habe mich wirklich bemüht.
Erfolglos.

Queen: Ich nenne dich Engel. Okay?
Du hast einen Klebstoff.
Da, an der Haut.
Alle zieht mich zu dir.

Kleinchen: Und wenn du der Engel bist?

Queen: Ich bin doch ein Eisbär.
Bin die frostige Queen mit den tötenden Blicken.
Schau wie kalt meine Hände sind.

Kleinchen: Stimmt.

Queen: Es gibt einen Punkt der Verzweiflung, an dem man fällt.
Ichloch.
Man hat dann die Wahl nicht.
Man dreht um.
Du hast mich umgedreht.

Kleinchen: Winterrose.
Wenn du nur froh bist.

Tür geht auf. Dogge kommt herein und leckt Queen die Hände. Sie registriert es kaum. Ist ganz und gar auf Kleinchen fixiert.

Queen: Manchmal weiß ich nicht, warum ein Tag so lange ist.
Wenn ich frei sein könnte, schwappt die Traurigkeit über mich.
Ich habe es verlernt, irgend etwas ohne Ehrgeiz zu tun.
Die Dinge, die ich beginne, gelingen zu gut.
Das macht süchtig.
Ich habe es verlernt, das Licht zu sehen.
Das Handy zählt die Schritte, die ich am Tag mache.
Es dürfen nicht zu wenige sein.
Der Kopf zählt die Schritte.
Die noch nicht eroberten Planeten.
Die Arbeitsstunden für die Kriegsvorbereitung.
Wie hoch ist die Frequenz der Ausgelöschten?
Sie bestimmt meinen Selbstwert.
Es ist, als würde ich mich in Wasser bewegen, sobald ich aufstehe.
Das Leben ist ein anrennen gegen Widerstand.
Soviel wie möglich, immer mehr als nötig, sage ich.
Sowenig wie möglich, soviel wie nötig, sagst du.
Du tust mir gut.

Kleinchen: Du triffst mit deinen Augen.
Die blau sind so blau.
Du bist nicht die die den Super- Gau- zu verantworten hat.
Kann nicht sein.
Und: was willst mit der hässlichen Dogge.
Die schleimt.

Dogge: Gassi, Miss Queen?

Queen seufzend: Gut. Ist ja gut.
Nur einen Moment, Kleinchen, ja?
Wir sind gleich wieder da.
Ab, Hund.

Sie zwinkert Kleinchen zu. Remote- control bleibt schnippisch neben ihm stehen. Queen und Dogge ab, wobei Dogge die Queen hinter sich her zieht und diese immer wieder zu Kleinchen guckt.

Remote- control zu Kleinchen: Hau ab.
Du hast ihr Herz zerhackt.

Kleinchen: Aber-

Remote- control: Du kannst sie nicht berechnen.
Die bricht dich.

Kleinchen: Ich lieb sie.
Ich will sie nicht brechen.
Ehrlich.

Remote- control zu Kleinchen: Haha.
Mutig, kleiner Herr Revolutionär.
Aber pass auf:
Du kannst die Psyche der Queen nicht beherrschen.
Ehrlich.
Die frisst dich.
Wo andere eine Kindheit haben, sitzt bei ihr ein Loch.
Also hau ab.

Richtet die Pumpgun auf Kleinchen. Er läuft rasch zur Tür.

Kleinchen: Jap.

Kleinchen geht. Licht aus.

8. Szene

Queen und Dogge im Schlafzimmer der Queen, das mit einem kristallenen Luster und runden prismatischen Gebilden ausgekleidet ist.

Dogge: Schad dass der Kleine.
Wau grr und schnapp.
Schon vergeben ist.
Stimmt´s, Queen?

Queen: Wer?
Kleinchen?
Nein.
Kann nicht.
Sein.
An wen denn?

Dogge: Mein Halsband ist zu eng.

Queen: Ist gut, ich mach es weiter.
Sie stechen ja, die Stacheln.
Das kommt von einer Macht.
Wie aber Kleinchen?
Nein.
Mit wem denn.
Ich glaub es nicht.

Dogge: Fürcht doch.
Mit der Lilliput nämlich.
Der Winzlingin.
Die jeder übersieht.

Queen: Die mit den Riesentitten.
Der Abschaum.
Dogge: Viel schöner seid ihr, meine Queen.
Nur Winterrose.
Ganz androgyn.
Amazone.
Don´t worry.

Queen: Eben!
Oder?
Nicht die derbe Form des Proletariats, sag ich.

Dogge: Nur die Liebe.
Die ist ein Gehemnis.
Man weiß nie wer wen.
Hach.
Jetzt aber Gassi!
Lauf!
Fauch und schnapp.
Raschrasch.

Er zieht die Queen hinter sich her, die ihm nachstolpert.

Queen: Warn wir doch erst.
Komm mal runter, Hund!

Dogge: Au mein Halsband.
Das macht mich richtig agressiv.
Sticht so.
Kannst es lockern?
Magst mich kraulen?
Bitte, bitte!
Wau!



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